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A. Themen und Agenda | Hengeler Mueller News

Aufsichtsratsstudie 2024

26. September 2024

A. Themen und Agenda

1. Die Aufsichtsratsagenda 2024

Der Klimawandel schreitet voran und der Druck auf die natürlichen Ressourcen steigt: Mehr denn je rückt das Thema Nachhaltigkeit ins Zentrum und treibt die Transformation der Unternehmen zu einer nachhaltigeren Wertschöpfung an. Mit der zunehmenden umfassenden europäischen Regulierung – bedingt durch die Umsetzung der CSRD, der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) und der Taxonomie-Verordnung – sind Unternehmen verpflichtet, eine Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzubauen. Daher ist es wenig verwunderlich, dass sich dies auch in diesem Jahr auf die Aufsichtsratsagenda auswirkt. 90 Prozent der befragten Aufsichtsräte erachten ESG und Nachhaltigkeitstransformation als zentralen Bestandteil ihrer Agenda. Damit wird dem Thema noch einmal mehr Bedeutung eingeräumt als im Jahr 2023 (85 Prozent Relevanzquote). Das kann seinen Grund darin haben, dass Themen wie die CSRD-Berichterstattung und Taxonomie nicht mehr nur abstrakt als Möglichkeit im Raum stehen, sondern nun umzusetzen sind.

Welche Themen bestimmen im Moment die Agenda Ihres Aufsichtsrats?Abbildung 1: Welche Themen bestimmen im Moment die Agenda Ihres Aufsichtsrats?*

Daneben ist die Digitalisierung bzw. die digitale Transformation eines Unternehmens fortlaufend von großer Bedeutung für die Agenda und die Aufsichtsräte ordnen das Thema weiterhin als zweitbedeutend ein (85 Prozent der Befragten). Dabei ist die Thematik gleichermaßen präsent bei börsennotierten und bei nicht-börsennotierten Unternehmen (jeweils 50 Prozent Relevanzquote).

In Zeiten fortwährender Krisen und geopolitischer Spannungen, die teilweise in politische, wirtschaftliche und humanitäre Krisensituationen umschlagen, ist das Thema der geopolitischen Unsicherheiten unweigerlich zu einem festen Bestandteil auf der Agenda der Aufsichtsräte geworden. In der Prioritätenliste der Befragten rangiert das Thema weiterhin auf Rang drei mit 82 Prozent Relevanzquote.

Welche Themen stehen 2024 besonders auf Ihrer Agenda (versus 2023)?Abbildung 2: Welche Themen stehen 2024 besonders auf Ihrer Agenda (versus 2023)?

Ein Bereich, der in diesem Jahr merklich an Bedeutung gewonnen hat, ist die Beurteilung der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems (IKS) und des Risikomanagementsystems (RMS) durch die Aufsichtsräte (75 Prozent Relevanzquote im Jahr 2024 versus 68 Prozent in 2023). Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) besteht für Vorstände börsennotierter Unternehmen die Pflicht eines angemessenen und wirksamen IKS und RMS. Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK 2022) hat diese Anforderungen noch einmal verschärft. Darüber hinaus gewinnen unternehmerische Steuerungs- und Kontrollinstrumente grundsätzlich an Bedeutung, gerade bei unvorhergesehenen Entwicklungen. Daher ist es naheliegend, dass diese von zunehmender Bedeutung für die Arbeit der Aufsichtsräte sind.

Eine weitere Thematik, welche in diesem Jahr als relevant von den Aufsichtsräten eingestuft wird und zum ersten Mal in unsere Studie aufgenommen wurde, ist das Trendthema Artificial Intelligence (AI) (Relevanzquote von 70 Prozent). Die rasante Entwicklung und zunehmende Integration von AI in Unternehmen verändert Geschäftsmodelle und die Arbeit des Managements von Grund auf. Das bleibt nicht ohne Wirkung für die Arbeit des Aufsichtsrats, da sich dessen Aufgaben und Arbeitsweise verändert und gleichzeitig neue Möglichkeiten entstehen. Zudem ist die Bedeutung dieser Thematik auch im Umfeld der schon angesprochenen digitalen Transformation und deren Bedeutung nicht fernliegend. Etwas erstaunlich ist deshalb, dass die Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen der Aussage mit einem Anteil von 61 Prozent deutlich häufiger zustimmen als Aufsichtsräte nicht-börsennotierter Unternehmen (39 Prozent).

Das Thema Lieferketten bleibt 2024 ebenso präsent auf der Agenda der Aufsichtsräte, auch wenn hier im Vergleich zu den vergangenen Jahren ein deutlicher Abwärtstrend in der Bedeutung zu beobachten ist (67 Prozent Relevanzquote im Jahr 2024 versus 70 Prozent in 2023 und 79 Prozent in 2022). Das Inkrafttreten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das seit dem 1. Januar 2024 auch Unternehmen mit über 1.000 Beschäftigten erfasst, und die damit verbundenen Umsetzungsmaßnahmen, verleihen der Thematik weiterhin Relevanz. Stärker fällt der Unterschied bei Compliance aus: So ist die Bedeutung von Compliance bei den Aufsichtsräten insgesamt deutlich gesunken (61 Prozent Relevanzquote im Jahr 2024 versus 71 Prozent in 2023). Die Unternehmen scheinen hier viele Fortschritte gemacht zu haben bei der Bewältigung ihrer Vorhaben.

Dem folgen Themen wie Nachfolgeplanung (57 Prozent Relevanzquote), Vorstandsvergütung (49 Prozent Relevanzquote), Diversity (39 Prozent Relevanzquote) und Mitbestimmung (24 Prozent Relevanzquote) mit teilweise deutlichem Abstand.

Auch hier sind die Prioritäten mit Blick auf börsennotierte und nicht-börsennotierte Unternehmen unterschiedlich verteilt. So hat Nachfolgeplanung bei den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen mit einer Relevanzquote von 57 Prozent weiterhin eine deutlich höhere Priorität, als dies bei den Vertretern von Unternehmen ohne Börsennotierung der Fall ist (43 Prozent).

Wie bereits im vergangenen Jahr fällt der Unterschied noch größer zwischen börsennotierten und nicht-börsennotierten Unternehmen beim Thema Vorstandsvergütung aus. Mit einer Relevanzquote von 64 Prozent ist das Thema bei börsennotierten Unternehmen weitaus stärker verankert als in den Aufsichtsgremien nicht-börsennotierter Unternehmen (36 Prozent). Beim Thema Diversity sind die Abweichungen in diesem Jahr zwischen den Aufsichtsratsgruppen dagegen deutlich geringer. Die Nennungshäufigkeit liegt bei 52 Prozent bei den befragten Vertretern aus börsennotierten Unternehmen und bei 48 Prozent aus den nicht-börsennotierten Unternehmen.

Beim Thema Mitbestimmung ist die Relevanz insgesamt im Vergleich zum vergangenen Jahr gestiegen (24 Prozent Relevanz in 2024 versus 17 Prozent in 2023). Zwischen den Aufsichtsratsgruppen sind dabei auch in diesem Jahr deutliche Unterschiede ersichtlich und es zeigt sich ein gleichbleibender Trend. Wie bereits in 2023 betrachten die nicht-börsennotierten Unternehmen das Thema als weitaus präsenter als Unternehmen mit Börsennotierung (64 Prozent Relevanzquote versus 36 Prozent in 2024 sowie 40 Prozent Relevanzquote versus 21 Prozent in 2023). Ein Grund hierfür mag weiterhin sein, dass die Verankerung der Mitbestimmung in börsennotierten Unternehmen eher zur Routine gehört.


*Hinweis: Bei den im Studiendokument verwendeten Werten handelt es sich um Rundungen. Weiterhin wurde auf „keine Angabe“ zu Gunsten einer besseren Übersichtlichkeit verzichtet. Es können sich daher in Einzelfällen auch von 100 Prozent abweichende Gesamtsummen ergeben. Zudem haben nicht alle Teilnehmenden alle Fragen beantwortet, so dass für einzelne Fragen unterschiedliche Grundgesamtheiten vorliegen können. Der Begriff „Relevanzquote“ steht für den Anteil derer, die bei der Beantwortung der Fragen relevant und sehr relevant angegeben haben.  Ferner gab es in diesem Jahr bei sieben Fragen die Möglichkeit eines zusätzlichen Freitextfeldes. Am Ende des jeweiligen Abschnitts werden die Freitextantworten im Text entsprechend zusammengefasst.