This website requires Javascript for some parts to function propertly. Your experience may vary.

Klimawandelresilienz | Bundesumweltministerium veröffentlicht Referentenentwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes | Hengeler Mueller News
Öffentliches Wirtschaftsrecht, Regulierung

Klimawandelresilienz | Bundesumweltministerium veröffentlicht Referentenentwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes

Von: Dirk Uwer

Mit dem Anfang April 2023 veröffentlichten Referentenentwurf eines Bundes-Klimaanpassungsgesetzes wird sich der Bundesgesetzgeber erstmals umfassend mit der „kleinen Schwester“ des Klimaschutzes, der Klimaanpassung, befassen müssen. Der Entwurf nimmt Bund, Länder und Kommunen in die Pflicht, fachübergreifende Klimaanpassungskonzepte zu entwerfen, ohne Unternehmen und Bürgern unmittelbar neue Pflichten aufzuerlegen. Mittelbare belastende Wirkungen für Unternehmen durch darauf aufbauende Einzelmaßnahmen dürften aber kaum ausbleiben. Teuer wird es zunächst für die Gebietskörperschaften – und am Ende voraussichtlich doch für den Steuerzahler.

Geleitet von der Erkenntnis, dass nationale, europäische oder internationale Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen den globalen Temperaturanstieg nicht mehr vollständig verhindern, sondern allenfalls abschwächen können und eine Anpassung an neue klimatische Begebenheiten erforderlich sein wird, arbeitet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) aktuell an einem Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG). Die Vielfältigkeit der betroffenen Sachbereiche mache eine gesetzliche Koordinierung von Anpassungsmaßnahmen in Bund, Ländern und Kommunen erforderlich. Vorgesehen ist – nach Vorbild eines vergleichbaren nordrhein-westfälischen Gesetzes aus 2021 – die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie des Bundes und die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und anderen Verwaltungsträgern. Unternehmen können nur vorerst aufatmen: Neue finanzielle oder bürokratische Lasten sind zwar durch dieses Gesetzesvorhaben nicht beabsichtigt. Jenseits unmittelbarer fiskalischer Fernwirkungen werden auch mittelbare Auswirkungen in Planungs- und Genehmigungsverfahren nicht ausbleiben.

Kernelement des Entwurfs ist die Pflicht von Bund (§ 3 KAnG-RefE) und Ländern (§ 10 KAnG-RefE) zur Erstellung einer sog. Klimaanpassungsstrategie. Die Strategie soll Maßnahmen identifizieren, um negative Auswirkungen des Klimawandels auf Mensch, Gesellschaft, Wirtschaft, Infrastruktur und Natur zu verhindern oder jedenfalls zu reduzieren. Anhand von messbaren Zielen, zugehörigen Indikatoren und einer nachträglichen Beurteilung sollen der Fortschritt dokumentiert und eine etwaige Nachbesserung ermöglicht werden. Flankiert wird die Pflicht zur Strategieerstellung durch Vorbereitungs-, Kooperations- und Berichtsvorgaben (§§ 4, 5, 9, 10 Abs. 2, 11 KAnG-RefE). Auch die Kommunen treffen nach Maßgabe landesrechtlicher Bestimmungen vergleichbare Pflichten (§ 12 KAnG-RefE). Bund, Länder und Kommunen sind zudem zur Umsetzung der identifizierten Maßnahmen verpflichtet. Soweit dafür anderweitige Rechtsgrundlagen zur Verfügung stehen, kommen insoweit auch belastende Auflagen und nachträgliche Anordnungen gegen klimawandelrelevante Unternehmen in Betracht. Vor allem können das in § 8 KAnG-RefE verankerte Berücksichtigungsgebot und Verschlechterungsverbot erhebliche mittelbare Auswirkungen auf Unternehmen haben: Die Träger öffentlicher Aufgaben haben bei ihren Planungen und Entscheidungen das Ziel der Klimaanpassung fachübergreifend und integriert zu berücksichtigen. Dabei sind sowohl die bereits eingetretenen als auch die zukünftig zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen. Sie dürfen durch ihre Planungen und Entscheidungen die Vulnerabilität von Grundstücken und Bauwerken sowie der betroffenen Gebiete insgesamt gegenüber den negativen Folgen des Klimawandels nur insoweit erhöhen, als dies unvermeidlich ist (Verschlechterungsverbot). Um Versickerungs- und Verdunstungsflächen für einen „naturnahen Wasserhaushalt im Rahmen einer wassersensiblen Entwicklung, insbesondere in urbanen Räumen,“ zu erhalten, ist die Versiegelung von Böden auf ein Minimum zu begrenzen; bereits versiegelte Böden, die dauerhaft nicht mehr genutzt werden, sind in ihrer Leistungsfähigkeit nach § 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes so weit wie möglich und zumutbar wiederherzustellen und zu entsiegeln.

Zwar finden sich Berücksichtigungsgebot und Verschlechterungsverbot bereits in einzelnen Fachgesetzen vor allem des Umweltrechts als Abwägungsfaktor; dort, wo dies jedoch noch nicht der Fall ist – und auf diese „Regelungslücke“ zielt der Entwurf ab – drohen sie Planungs- und Genehmigungsprozesse weiter zu verlangsamen.

Noch stehen dem Referentenentwurf die Anhörung der Länder und Verbände sowie die Ressortabstimmung bevor. Der Abschluss des Gesetzgebungsprozesses ist laut BMUV für Ende 2023 geplant. Eine Verschärfung des Entwurfs zuungunsten von Unternehmen ist zwar angesichts der klaren Fokussierung auf die Träger öffentlicher Aufgaben nicht zu erwarten. Das Gesetz dient der Vorbereitung zukünftiger Maßnahmen durch Bund, Länder und Kommunen und wirkt sich dadurch aber mittelbar auf Unternehmen aus. Diesen mittelbaren Folgewirkungen wird im Gesetzgebungsverfahren besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein. Umgekehrt darf man mit dem Gesetzesvorhaben aber auch die Hoffnung verbinden, dass durch die Koordinierungs- und Strukturierungsvorgaben des KAnG die unvermeidlichen staatlichen Klimaanpassungsmaßnahmen effizienter und dadurch weniger belastend für Unternehmen ausgestaltet werden können.

Neueste Artikel

Brussels à Jour: Exploring the First 100 Days of the Notification Obligation under the Foreign Subsidies Regulation

Brussels à Jour: Be My Fee-lentine

Wichtige Schritte zur Modernisierung des Schiedsverfahrensrechts in Deutschland

Neueste Mandatsmeldungen aus dem Bereich Öffentliches Wirtschaftsrecht, Regulierung