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Das bundesweite digitale Wettbewerbsregister nimmt den Betrieb auf | Hengeler Mueller News
Vergaberecht

Das bundesweite digitale Wettbewerbsregister nimmt den Betrieb auf

Die Digitalisierung schreitet auch im Vergaberecht voran. Im neuen digitalen Wettbewerbsregister werden Wirtschaftsdelikte, die zu einem Ausschluss aus Vergabeverfahren führen können, bundesweit gesammelt und sind mit wenigen Klicks abrufbar. Compliance-Systeme und die Kooperation mit Ermittlungsbehörden werden damit noch wichtiger. Die Bedeutung des Wettbewerbsregisters wird sich perspektivisch nicht auf das Vergaberecht beschränken. Wie so häufig beim digitalen Wandel ist zu erwarten, dass sich auch diese digitale Transformation auf andere Bereiche auswirkt.

Über vier Jahre sind vergangen, seitdem in Deutschland die Einführung eines bundesweiten Wettbewerbsregisters zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen beschlossen wurde. Das Wettbewerbsregister soll es erleichtern zu überprüfen, ob Unternehmen wegen Wirtschaftsdelikten, die ihnen zugerechnet werden, von Vergabeverfahren auszuschließen sind. Seit dem 1. Dezember 2021 sind die deutschen Strafverfolgungs- und Bußgeldbehörden verpflichtet, Wirtschaftsdelikte dem Bundeskartellamt zu melden, das die Informationen sammelt und registriert. Ebenfalls seit Dezember können die öffentlichen Auftrag- und Konzessionsgeber erstmals auf das Wettbewerbsregister zugreifen. Ab dem 1. Juni 2022 werden sie verpflichtet sein, bei Überschreitung bestimmter Auftragswerte die im Wettbewerbsregister hinterlegten Informationen vor der Erteilung eines Zuschlags abzurufen.

Im Wettbewerbsregister werden unter anderem Geldwäsche, Korruption, Betrug, der sich gegen öffentliche Haushalte richtet, das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen, Steuerhinterziehung, Verstöße gegen das Schwarzarbeit- und Mindestlohngesetz sowie Kartellverstöße und Submissionsbetrug registriert. Es ist zu erwarten, dass dieser Katalog noch erweitert wird. Bereits beschlossen ist die Registrierung von Verstößen gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft treten wird. Darüber hinaus wird evaluiert, ob neben kartellrechtlichen Entscheidungen des Bundeskartellamts auch solche der EU-Kommission erfasst werden können. Registriert werden Rechtsverstöße von Unternehmen und Leitungspersonen, sofern eine rechtskräftige Verurteilung, ein Strafbefehl oder eine bestandskräftige Bußgeldentscheidung vorliegt. Aufgrund der üblicherweise langen Rechtsmittelverfahren werden Kartellverstöße bereits zum Zeitpunkt des Erlasses eines Bußgelds eingetragen.

Kein Automatismus bei Ausschluss von Vergabeverfahren

Ein Eintrag im Wettbewerbsregister führt nicht in allen Fällen automatisch zu einem Ausschluss des Unternehmens vom Vergabefahren. Ob ein Unternehmen von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausgeschlossen wird, bestimmt sich auch weiterhin nach der Art des im Wettbewerbsregister eingetragenen Rechtsverstoßes sowie einer Prognose über die gesetzestreue, ordnungsgemäße und sorgfältige Auftragserfüllung. Während beispielsweise Korruptions- und Geldwäschedelikte zwingend zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen, liegt der Ausschluss vom Vergabeverfahren bei Kartellverstößen im Ermessen der öffentlichen Auftrag- und Konzessionsgeber.

Die Bedeutung des Wettbewerbsregisters könnte weit über Vergabeverfahren hinausgehen. Unternehmen können beim Bundeskartellamt Auskunft über die sie betreffenden Einträge im Wettbewerbsregister beantragen. Dieser Auskunftsbescheid könnte zum 'Führungszeugnis' von Unternehmen werden. Gut denkbar, dass nicht nur Wirtschaftsprüfer bei der Erstellung ihres Testats, sondern auch Vertragspartner und Investoren bereits bei der Vertragsanbahnung die Vorlage eines Auskunftsbescheids verlangen und bei Einträgen Erklärungen einfordern werden.

Die Informationen zu den Rechtsverstößen werden je nach Art des Delikts für drei oder fünf Jahre im Wettbewerbsregister gespeichert. Unternehmen, die auf Vergabeverfahren angewiesen sind oder ein einwandfreies 'Führungszeugnis' benötigen und deswegen Einträge früher als gesetzlich vorgesehen aus dem Register löschen wollen, haben die Möglichkeit, eine Selbstreinigung durchzuführen. Für die Löschung eines Eintrags haben sie nachzuweisen, dass sie bei der Ermittlung des eingetragenen Rechtsverstoßes mit den Ermittlungsbehörden kooperiert, ausstehende Zahlungen nachgeholt, Schäden ausgeglichen und effektive Compliance-Maßnahmen ergriffen haben.

Compliance-Systeme überprüfen

Durch das Kooperationserfordernis werden Unternehmen bereits früh die Weichen für eine erfolgreiche Selbstreinigung stellen und sich dementsprechend auf eine Zusammenarbeit im Fall der Aufnahme von Ermittlungen vorbereiten müssen. Darüber hinaus wird es für Unternehmen erforderlich sein, ihre Compliance-Systeme zu überprüfen und an die aus behördlicher Sicht erforderlichen Standards anzupassen. Das Bundeskartellamt bietet eine Hilfestellung. Es hat am 25. November 2021 Leitlinien zur vorzeitigen Löschung einer Eintragung aus dem Wettbewerbsregister veröffentlicht, die unter anderem Hinweise zu den zu wahrenden Compliance-Standards beinhalten.

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